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Primärtherapie

Auszüge (überarbeitet) aus: "Die 50 wichtigsten Methoden", Kreuz-Verlag, Stuttgart, 1993
und: "Therapi
e und Selbsterfahrung", Kreuz-Verlag, Stuttgart, 1986,

Klaus Bieback
PRIMÄRTHERAPIE

Arthur Janovs Buch "Der Urschrei, ein neuer Weg der Psychotherapie"

Janov 'entdeckte' die Therapie Ende der sechziger Jahr in der psychoanalytischen Arbeit mit seinen Patienten und berichtete davon in dem Bestseller "The Primal Scream", der 1970 in den USA und 1973 in Deutschland unter dem Titel "Der Urschrei" veröffentlicht wurde. Diese Übersetzung gab der Primärtherapie in Deutschland den irreführenden, sensationsträchtigen Namen "Urschrei-Therapie".

Ein Leser des Buches 'Der Urschrei' von Arthur Janov erzählte, es habe ihn aus einer Betäubung aufgeweckt. Er spürte auf einmal: In ihm schrie etwas. Er konnte hören, was er bisher nie wahrgenommen hatte. Ihn ihm gab es ein Kind, das weinte.

Janovs Primärtherapie nahm ernst, was niemand bisher wahr haben wollte. 'Primal pain' nannte er den unbewussten Schmerz. Dieser Schmerz stammte aus unerfüllten Bedürfnissen und verdrängtem Leid. Als Spannung und Sehnsüchten aus Kindheitstagen, die in Symbole verkleidet waren, floss er bis in das Erwachsenenleben

Primärtherapie, eine Wanderung zum Ursprung

Die Primärtherapie ist eine Wanderung durch die verschiedenen Szenen des Lebens immer weiter zurück bis in die Kindheit: Partnerschaft, Beruf, Ausbildung, Schulzeit, Kleinkindzeit, Geburt, vorgeburtliche Zeit. Der Klient sucht noch einmal die Orte und Wegstationen auf, an denen seine psychische Entfaltung und Prägung begannen. Beim Nacherleben der persönlichen Erfahrungen tauchen Gefühle auf, die das Kind einst hatte: seine Bedürfnisse, seine sehnsuchtsvolle, sich opfernde Liebe, Beängstigungen, Zorn, Trauer, Vergeblichkeit.

Die Abschieds- und Trauerarbeit im Sinne der Primärtherapie ist ein Berührtwerden mit der vom Leben ersehnten Lebensgestalt, die unter Schmerz und Abwehr liegt. Sie ist nicht ein Analysieren von Problemen, nicht blindes Klagen oder Weinen. Sie ist die Kontaktaufnahme mit der Urform des Lebendigseins, der fließenden Liebe zu den Eltern und allen anderen wichtigen Personen der Lebensgeschichte, ein Fühlen von Gelingen und Misslingen.

Illusionäre Hoffungen hielten einen endlosen Kampf in Gang. Mit dem 'Fühlen' orientiert sich die Lebenskraft neu. Es überwindet die Entfremdung von sich und den anderen, die einst das Leben beschützte. Das 'Realwerden' zu einem Leben als erwachsener Mann und als erwachsene Frau beginnt

Der Ursprung

Die Grenzüberschreitung bei der Geburt, der Ur-Sprung mit seinem 'primal scream', ist eine wichtige, therapeutische Station. Die 'frühen Prägungen' begannen bereits im Bauch der Mutter. Sie war die große Göttin am Anfang, als Ich und Du noch ungeschieden waren.

Weiter zurück und doch nicht fern liegen Begegnungen mit: dem Erbe von Eltern, Grosseltern und Vorfahren - der Quelle -, aus der das Leben strömte, und vor der der Wanderer mit Ehrfurcht und Staunen innehält. Auf sie hat besonders Bert Hellinger mit seinem 'Familienstellen' den Blick gelenkt.

Das Besondere der Primärtherapie ist ihre Intensität, Weite, Tiefe und ihr Bezogensein auf Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Sie traut dem dem Fühlen und Finden des Klienten. Sie begleitet seine Schritte nach dem Maß seines Fühlens und stellt keine psychotherapeutischen 'Übungen und Behandlungen' bereit, die 'es' dann machen. Sie will keine fremden Strukturen überstülpen und begleitet die Arbeit an Schmerz, Freude und Liebe, die ins Zentrum der Seele führen.

Die Bedeutung der Primärtherapie

Die Primärtherapie beeinflusste seit den siebenziger Jahren das Wissen um die Wichtigkeit und prägende Bedeutung von Schwangerschaft und Geburt. Die guten Wirkungen einer ununterbrochenen, frühen Mutter-Kind-Beziehung, einer 'sanften Geburt', in der die Mutter mit dem Kind in Kontakt bleibt und des 'Gestillt-werdens' wurden neu gesehen. Eine Weiterführung ist die Weitung des Blicks auf Identifizierungen des kindlichen Fühlens mit dem Schicksal der Eltern und Vorfahren. Die Primärtherapie beeinflusste viele Psychotherapien und die Entwicklung einer Psychologie der praenatalen und perinatalen Kindheitswelt.


Literaturhinweise:

Janov, Athur, The Primal Scream, New York 1970
Janov, Athur, Der Urschrei, Frankfurt 1973
Janov, Athur, Gefangen im Schmerz, Frankfurt 1980
Janov, Athur, Frühe Prägungen, Frankfurt 1983
Janov, Athur, Der neue Urschrei, Frankfurt 1993

(Janovs Bücher sind in Deutschland z.Z. vergriffen und nur in Bibliotheken oder per Internet antiquarisch,
z.B. über www.amazon.de erhältlich.)
Zum Herunterladen aus dem Internet siehe auch: http://olf4.de/J/Janov/index.htm