Strand an der Nordsee 

    WUNDERLICHE WELTEN UND ZEITEN                          - 8 - Besinnung
Unendliche Welten umgeben uns. Ihre RäumeZeiten und Zeiten wirken in uns. Angesichts all der Erscheinungen
des Sternenhimmels staunen wir, sind verwirrt und manchmal ängstlich. Durch die Erforschung der Wissenschaften
verstehen wir einige ihrer Wunder. Jedes Atom erzählt eine Millriarden Jahre alte Geschichte vom Entstehen
der Milchstraßen, der Sterne und Planeten. Wir sind Geschöpfe ihrer Lebendigkeiten. Wir erfahren die
Schwerkraft der Erde und den Rhythmus von Tag und Nacht. Wir erfahren die Helligkeit des Tages,
wenn die Erde dem Licht der Sonne zugewandt ist. Dunkel ist es, wenn die Erde durch ihre
Eigendrehung der Sonne abgewandt ist. In uns tragen wir die Erfahrungen von Milliarden
Lebewesen, ihrem Überlebensglück und ihren Leiden. Durch sie entwickelten wir unsere
Eigenheiten und Fähigkeiten. Sie halfen zum Am-Leben-Bleiben. Wissen darüber tut uns
gut. Es erleichtert und hilft, unser Dasein in dieser Welt zu bestaunen.

     Wunderlich
     
Jede Lebensart schwimmt, krabbelt und kribbelt zu je eigenem Glück. Alle entfalteten sich im Zwiegespräch mit der umgebenden Welt. Als eine von 5.500 Säugetierarten lernten Menschen ihr aufrechtes Gehen und Greifen mit Händen. Mit Handreichungen halfen sie einander zum Lachen. Sie erfanden ablegbare Werkzeuge und auflösbare Bündnisse. In ihren Köpfen entwickelten sie eine geistige Ich-und-Du-Wir-Parallel-Welt, in der sie spielerisch zu planen lernten. Neben dem eigenen Ich wohnen seitdem Mutter, Vater, Geschwister, Verwandte und Angehörige in ihnen. Später zogen Freunde, Fremde und schließlich die ganze Welt in ihren Kopf ein. Unser Menschengehirn wurde eine Werkstatt zum Experimentieren und zur Erfindung der Zukunft. Wir stellen anderen die Frage: "Wie geht es dir? Was tue ich mit dir? Was tust du mir?

      Diese Werkzeuge halfen, in rauher Natur zu überleben, mehr Kontrolle und mehr Möglichkeiten zu bekommen. Kaum jemand von uns heute will in die Wildnis der Natur zurück. Sie wirkt auf uns fremd und fast feindlich. Wir nutzen sie, plündern sie und vernichten sie. Vor 10.000 Jahren gab es keine Besitzansprüche, kein Berechnen der Zukunft keine Fürstenherrschaft. Heute sorgen gebändigte Energien, Maschinen, Medien und Computer für Produktion von Waren und Kaufglück. Damit wachsen vorher unbedachte Probleme. Alles von Menschen Hergestellte wird einmal Müll. Wohin soll dieser? Die Vermehrung der Menschheit schreitet fort. Wo und wie sollen sie leben? Wie finden wir gerechtes Gemeinsamsein und Freiheit? Stimmt die Verhaltensregel: 'Leben ist Kampf um mehr, um Siegerwerden und Beute-Machen? Was ist Glück und Wohlbefinden für uns Menschen?

     Unsere Vorläufer suchten nicht das Glück grasender Weidetiere oder das von Nektar-saugenden Insekten unter der Herrschaft einer Königin. Unsere Stamm-Mütter und -väter wollten oder konnten keine kletternden Affen in Bäumen bleiben. Sie wollten keine jagenden Raubaffen mit Reißzähnen werden. Stattdessen wurden sie sprechende, einander helfende Bundesgenossen. Als solche entwickelten sie Körper, Seele und Geist. Sie schlossen Bündnisse untereinander, hatten Lust und Liebe für einander. Sie entwickelten sich zu Personen und lernten voneinander. Frauen und Männer sorgten gleichrangig in überschaubaren Gruppen für Leben und Glück. Sie wurden Gemeinschaftswesen, die miteinander kooperierten und zugleich mitbestimmende Personen. Dies führte in Spannungen. Sie wurde der unvermeidbare Preis für ihre Lebensart.

      Wunderliche Bedürfnisse und Aufgaben
    
Auf einer Flussfahrt in Afrika schaute Albert Schweitzer auf einer Sandbank eine dahinziehende Nilpferdherde. Er war als Deutscher in Bedrängnis wegen des ausgebrochenen 1. Weltkriegs. Er fragte sich, 'wer
bin ich eigentlich?' Ihm kam die Antwort: "Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will". Wenn wir weiter bis in unsere Evolution schauen, können wir sagen "Wir sind Partner und Personen, die ihre Mitmenschen als fühlende Partener und Personen sehen." Wir habern sogar die Fähigkeit zu Bewusstsein tentwickel. Wir können uns mit Anderen zu identifizien. In unseren Bündnissen lassen wir andere an unserem Leben teilhaben und teilen Glück und Schmerz. Wir sind gierig nach Bewusstsein und Austausch. Unser Miteinandersein konkurriert mit unserem Ich-Sein-Wollen. Überall mischen wir ein gutes richtiges Maß von zu viel oder zu wenig. Wir haben Freiheit zu allen Spielarten.

     Unsere vielseitigen Zuwendungen erschaffen ein 'Ich-und-Du-Energie-Feld'. Schon von klein an sind wir Menschen. Das Schreien des Säuglings ist nicht nur der Ruf: 'Ich habe Hunger. Gib mir zu essen!' sondern zugleich "Ich brauche Vergewisserung, dass du Mutter, Vater Pflegeperson, mir gut bist ". Erst diese Vergewisserung gibt das Gefühl: 'Das Leben ist in Ordnung. Ich bin sicher.' Ohne die Erfüllung beider Bedürfnisse melden sich Mangel und Schmerz.

       Die Art der elterlichen Zuwendung in Kindheitstagen ist bedeutsam für das ganze Leben. Angesichts der Verletzlichkeit und Endlichkeit ist Gemeinschaft ein besonderes Lebensglück, das andererseit auch zu Unglück werden kann. Jeder Mensch und jede Verbundenheit ist auf ihre Weise einmalig und besonders. Wir beschreiben sie mit dem Lasten auflegenden Wort 'Verantwortung' oder mit dem zugewandten Wort 'Liebe'. Sie charakterisieren persönlich-individuelle Bereiche aber auch öffentlich-politische Räume. Alle Nichtachtungen, erlittene oder austeilende Verletzungen körperlicher, seelischer oder geistiger Art bewirken heftige Reaktionen, die sich auf die Gemeinschaften auswirken. Schmerzliche Folgen haben sie besonders im öffentlichen-politischen Berreichen. Angst, Flucht, Einfrieren oder auch Aggressionen, Machtstreben und Kampf bis zu Kriegen sind die Folgen. Menschenleben sind anspruchsvoll. Unser tiefstes Menschenherz. ruft: "Ich bin Leben, das leben will und geachtet sein will. Ich bin Liebe, die lieben und geliebt sein will. Ich bin Bewusstsein, das bewusst sein will und Bewusstheit weitergeben will."

   Im Mutterleib begann unser primäres Urvertrauen: "Ich bin ok, du bist ok: du Mutter, du Vater, du Welt." Aus einem naiven, irgendwie blinden Trauen, das den Embryo auf der Zellebene durchströmt, entfaltet sich nach und nach ein bewusstes und zugleich prüfendes, kritisches Fühlen und Denken. Mutter und ihre Lebenssituation waren unsere erste Welt. Wir nisteten uns ein in ihren Körper, ihrer Seele und ihren Geist. Wichtig ist erwachsene Bewusstheit und ihre Einschätzung. Bei Gefährdung formt sie Bedrohung, Stress und Kampf

      Tiefe Trauer bewegten den Dichter Heinrich Heine. Er erzählt in einem Gedicht: 'Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin.' Er schreibt von einem 'Märchen aus uralten Zeiten', das ihm nicht aus dem Sinn ging. Er sieht einen ruhig fließenden Strom und einen Berg, dessen Gipfel im Abendsonnenschein leuchtet. Sie sind Symbole und mythische Bilder. Er schaut: "Die schönste Jungfrau sitzet dort droben wunderbar. Ihr goldenes Geschmeide blitzet. Sie kämmt ihr mgoldenes Haar. Sie kämmt es mit goldenem Kamme und singt ein Lied dabei. Das hat eine wundersame, gewaltige Melodei. Den Schiffer im kleinen Kahne ergreift es mit wildem Weh. Er schaut nicht die Felsenriffe, er schaut nur in die Höh. Am Ende verschlingen die Wellen den Schiffer und Kahn." - Wir sind von der jugendlichen Urmutter Betörte. Ihr Anblick und Lied haben alle verzaubert. Sie ziehen uns in ihren Bann bis zu unserem Ende. Uns bewegt ihr Lied: "Schön bin ich und gut. Schön, liebenswert und gut bist du." Dichter, Maler, Komponisten, Naturforscher, Wissenschaftler und wir alle sind bis ans Ende vom Leben Verzauberte. Mit dem Würdigen unseres Daseins in Liebe und Schmerzen geben wir dem Universum Achtung und Ehre.

     Menschen kennen Tränen der Trauer und Tränen des Glücks. Letztere fließen, wenn Verlorenes oder Getrenntes, Erstrebtes und Ersehntes wieder zusammenkommen. Glückstränen können nach Rettung aus Lebensgefahr, nach Wiedererlangen verlorener Verbundenheit, Liebe, Freiheit oder Würde fließen. Manchmal strömien sie nach großen Anstrengungen, nach langem Warten, nach Erfolgen, Siegen oder bei Überreichung erkämpfter Medaillien. Glücksgefühle und heilige Schauer können Menschen über Musik, Kunst, Harmonien in Natur, Lieben, Geliebtwerden, Beifall und Applaus erfassen. Neben dem Leben selbst sind sie die mächtigen Antriebe.

     Leben und Erde sind mehr als ein Materiehaufen. Leben ist mehr als Überlebenskampf. Es ist eine neue Art Dasein. Als wir uns am Beginn in den Leib unserer Mutterleib einpflanzten, hat ihr Körper uns beatmet, gewärmt, genährt und zum Leben gerettet. Mit der Geburt wurden wir aus dieser primären, ersten Welt entlassen. Wir zogen in eine größeres Welt ein und wurden mehr oder weniger bewusst lebende Tiere und dann auch zu Menschen. Durch Bündnisse bauten wir sogar eigene Welten in unseren Gehirnen. Wir sind Kinder der Evolution. Uns Erwachsenen gab die Evolution die Freiheit Menschen zu sein. In partnerschaftlichen Bündnissen und Gemeinschaften sind wir unserem Ursprung nahe. Dir, Universum, danken wir für dieses Glück.

© Besinnung 8 am 2.2.2025 - *Zitat: Albert Schweitzer "Die Ehrfurcht vor dem. Leben", 4.Auflage 1984, S.20ff

 09 ORGANISMUS ERDE